Während eines Aufenthaltes in Frankreich, um Französisch zu lernen, bekommt man natürlich viel vom alltäglichen Leben der Franzosen und ihrer Gewohnheiten und Ängste mit.
Ich bin seit etwa einer Woche hier in Montpellier, um Französisch an der Sprachschule ILA zu lernen. Ich wohne während der drei Wochen, die ich hier bin, bei einer älteren Dame, die mich hervorragend umsorgt. Neben mir wohnt auch noch eine Taiwanesin, die sechs Monate hier ist, mit bei meiner Gastmutter. Während man die eigenen Französischkenntnisse durch French immersion verbessert und mit Freunden aus der Schule Zeit verbringt, erlebt man jeden Tag wieder die Dinge, die den Alltag in Frankreich ausmachen.
Französische Morgenroutine
Der Tag beginnt mit dem Frühstück. Für dieses habe ich täglich mehrere Optionen – es gibt Müsli, Toast oder auch Croissants mit verschiedenen Aufstrichen, außerdem Kaffee, Tee oder heiße Schokolade. Während ich oft Croissant und Nutella zu einem selbstkreierten „Pain au Chocolat“ kombiniere, ist meine Gastmutter schon fertig mit frühstücken und schminkt sich oder ist an manchen Tagen sogar schon zur Arbeit gegangen. Wenn ich Viertel nach acht losgehe, um zur Schule, wo ich Französischunterricht habe, pünktlich zu kommen, sind alle Rollladen und Fensterläden geschlossen und ich bin fast ein wenig überrascht, wenn ich auf die sonnige Straße trete.
Alltag im Französischunterricht
Was ich im Alltag in der Sprachschule mitbekomme, ist oft Bestandteil des Unterrichts oder abzulesen vom Verhalten der Lehrer*innen. Was mir zum Beispiel immer wieder auffällt, ist, wie wenig Englisch die Erwachsenen hier sprechen. Es ist erstaunlich, dass viele Französischlehrer*innen kaum Englisch sprechen und der Unterricht trotzdem so gut funktioniert – auch, weil alle Schüler*innen ja mit der klaren Motivation, Französisch zu lernen oder zu verbessern, nach Frankreich kommen. Was man außerdem in Diskussionen im Unterricht mitbekommt, sind Gewohnheiten der Franzosen. Im Französischintensivkurs am Nachmittag haben wir etwa letzte Woche behandelt, wie in Frankreich über Geld geredet wird (nämlich kaum), welche umgangssprachlichen Ausdrücke es für verschiedenste Sachen gibt (gut vergleichbar mit Umgangs- und Jugendsprache in Deutschland) und wie der Karneval in Nice zelebriert wird.
Alltag auf den Straßen Montpelliers
Mittags und nachmittags erhält man einen Einblick in das Leben auf den Straßen außerhalb der Französischsprachschule in Montpellier. Es gibt sehr viele Crêpe-Stände direkt auf der Straße, aber auch die sagenumwobene Boulangerie-, Restaurant- und Cafékultur lässt sich nicht verleugnen. Was ich allerdings vorher nicht wusste, ist dass es hier auch so viele Sandwich-/Panini-/Bagelangebote gibt. Das ist natürlich für Sprachschüler*innen in der Mittagspause genauso praktisch wie für Berufstätige, die einen kleinen Snack brauchen. Wen man außerdem auf den Straßen sehr häufig sieht, sind rauchende Menschen. Ob jung oder alt, Franzosen lieben ihre Zigaretten – sie gehören offensichtlich genauso zum Leben dazu wie Käse zum Abendessen.
Käse und Abendessen – ein Vergnügen
Das Abendessen, das meine Gastmutter, die spätnachmittags nach Hause kommt, jeden Tag zubereitet, lässt nichts zu wünschen übrig. Es gibt zum Beispiel Omelette, Couscous oder Kartoffelbrei, viel Gemüse und auch immer einen kleinen Nachtisch. Was mir aus Deutschland allerdings unbekannt ist, ist dass es zusätzlich zu dieser bereits vollständigen Mahlzeit immer noch Baguette und Käse gibt. La vache qui rit und/oder Camembert sind hier bei meiner Gastmutter die bevorzugten Optionen. Diese Käsekultur ist für mich sehr angenehm, da ich selbst sehr gerne Käse esse. Für meine Gastschwester aus Taiwan ist es manchmal unangenehm – sie berichtete mir, dass es bei Ihnen zuhause sehr wenig Käse gibt und deswegen der Käse hier für sie oft zu streng schmecke. Sie hat sich aber auch schon ein wenig daran gewöhnt und ist immer gewillt, Neues auszuprobieren.
Alltag in Frankreich mit dem Coronavirus
Während meines Sprachaufenthaltes hier in Montpellier lerne ich aber natürlich auch nicht nur die angenehmen Seiten des Alltags kennen. Ich bekomme auch mit, wie das Coronavirus auf die Menschen in Frankreich wirkt. Meine Gastmutter schaut sehr viel fern und sieht sich oft die Nachrichten an. Da hier beinahe durchgehend über das Virus berichtet wird, bekommen viele Menschen, vor allem die älteren, inzwischen Panik. Obwohl es bereits einen Fall in Montpellier gibt, sehe ich persönlich keinen großen Grund zur Sorge. Das sieht meine Gastmutter allerdings anders: Jeden Tag beim Abendessen geht es um das Virus, und sie redet sehr viel darüber, wie man die Ausbreitung der Krankheit verhindern kann. Während auch allgemein bekannt ist, dass häufiges Händewaschen und -desinfizieren sowie die schnelle Entsorgung benutzter Taschentücher und kein enger Kontakt zu Menschen eine gute Weise ist, sämtlichen Viruskrankheiten die Übertragung zu erschweren, geht meine Gastmutter noch einen Schritt weiter und meint, Handschuhe zu tragen sollte eingeführt werden und die üblichen drei Begrüßungsküsse in Frankreich sowie Umarmungen sollten generell vermieden werden. Das ist für mich natürlich umsetzbar, und ich bin auch der Meinung, dass man lieber Vorsicht walten lassen sollte als hinterher den Schaden davonzutragen. Allerdings finde ich es immer wieder erstaunlich, wieviel Einfluss die Medien auf das alltägliche Leben in Frankreich haben. Mein Französischsprachkurs hier in Montpellier wird durch das Coronavirus mehr beeinflusst, als ich gedacht hätte, und im Alltag meiner Gastmutter hat die Vorsicht schon einen festen Platz eingenommen. Trotzdem kann ich meinen Französischunterricht weiter genießen und freue mich auf meine weiteren zwei Wochen in Frankreich.